Sharri-Käse ist einzigartig: Die bröckelige, salzige Spezialität wird ausschließlich aus der Milch von Schafen hergestellt, die in den fruchtbaren Bergen rund um Prizren im Kosovo weiden - und es ist fast unmöglich, ihn zu exportieren. Warum? Weil die Herstellenden den Käse bis heute traditionell bereits zwei Wochen nach der Produktion, nach der ersten Fermentierung, in großen Laiben verkaufen. Er muss dann von den Käufer*innen auseinandergebrochen und mit Wasser, Salz und Kräutern behandelt werden und im Dunklen weiter fermentieren, damit er genießbar wird. Wenn man Sharri kauft, muss man daraus selbst den Käse machen, den man haben möchte. Sharri-Käse gibt es somit nur dank dieser besonderen Form der Zusammenarbeit zwischen Produzierenden und Konsumierenden.
Sinnbildlich gesprochen trifft das auch auf unseren langjährigen Partner Autostrada zu: Ohne Zusammenarbeit geht nichts. Seit ihrer Gründung vor 10 Jahren wächst die Kunstplattform kontinuierlich, weil sie auf Kooperationen und Partnerschaften setzt. Das Gründungsteam von Vatra Abrashi, Leutrim Fishekqui und Barış Karamunco hat in den letzten Jahren nicht nur vier Biennalen für zeitgenössische Kunst organisiert, die international Kunstschaffende und die lokale Bevölkerung in Prizren zusammengebracht haben, sondern 2022 auch einen Hangar für künstlerische Produktion eröffnet. Dieses Jahr folgte ein zweiter Hangar, der unter anderem Residencies für Künstler*innen anbieten wird. Diese Erfolge wurden durch ein Netzwerk von Partner*innen ermöglicht, das von der Stadtverwaltung Prizren über den Innovations- und Ausbildungspark auf dem ehemaligen NATO-Gelände bis hin zu internationalen Unterstützern wie der Allianz Foundation reicht.
Gerade in Zeiten politischer und wirtschaftlicher Instabilität im Kosovo, einem Staat, der von fast 50 % der UN-Staaten nicht anerkannt wird, zeigt Autostrada, wie wichtig spartenübergreifende Kooperationen sind, um kulturelle Räume zu schaffen und zu erhalten. Solche Projekte schaffen nicht nur Freiraum für Kunst und Kultur, sondern stärken auch das soziale Gefüge einer Gesellschaft, die sich gegen Spaltung und reaktionäre Strömungen behaupten muss.
Zum Jubiläums-Summit, gleichzeitig der zweite Allianz Foundation Hubs Summit, kamen auch die anderen Partner des Hubs-Netzwerkes zusammen, darunter INLAND aus Spanien, Postane aus der Türkei, Recyclart aus Belgien und Fondazione Studio Rizoma aus Italien. Gemeinsam gestalteten die Netzwerk-Partner ein praxisnahes, transkulturelles Programm. In den Workshops wurden unter anderem gemeinsam Menüs kreiert und ein Werk des kosovarischen Bildhauers Alban Muja, in sechs Teile zerschnitten, symbolisch für die sechs Regionen Kosovos.
Aber zurück zum Sharri-Käse: in einem Panelgespräch verglichen der Lebensmittelhistoriker Jeton Jagxhiu und Fernando Garcia Dory von INLAND ihre regionalen Käsespezialitäten aus dem Kosovo und Spanien. Zwei lokale Erzählungen und Traditionen, die einander begegneten, im Austausch miteinander- sowohl theoretisch wie auch praktisch und erlebbar. Das versinnbildlicht die Essenz von Autostrada: gelebte Kooperation, die sowohl Geist als auch Sinne anspricht.
Autostrada wird mit Sicherheit auch in Zukunft spannende Begegnungen kuratieren – die nächste Gelegenheit bietet sich bei der fünften Biennale, die am 5. Juli 2025 eröffnet und von Erzen Shkololli kuratiert wird. Save the date!
Nino Klingler baut mit den Allianz Foundation Hubs ein zukunftsoffenes, diverses und solidarisches europäisches Netzwerk quer durch die Welten von Kunst, zivilem Engagement und Klimaaktivismus auf. Im Förderbereich ist er vor allem für Projekte in den Bereichen Bildende Kunst und Visuelle Medien zuständig und leitet das Team Kunst und Kultur.