Unser neuer Fellow Makan Fofana: Mastermind des Turfurism

Drei Fragen an unsere Fellows: Makan Fofana, der Minister der Magie, wie er sich selbst bezeichnet, stammt aus einer Pariser Banlieue und hat neue Wege entwickelt, um Stadtviertel, die allgemein als wirtschaftlich und sozial benachteiligt gelten, neu zu erfinden und zu verzaubern.

Makan Fofana

Makan Fofana © Steffi Retti

“Meine Mission ist es, mögliche Zukünfte zu demokratisieren und gleichzeitig Lösungen für die großen Herausforderungen unserer Menschheit zu entwickeln.”
Makan Fofana

Hallo Makan Fofana!

Für die Vororte der Welt ein neues Existenzmodell finden, eine TURFU-Lebensweise: das hat sich Makan Fofana als  Allianz Foundation Fellow vorgenommen. Hier beantwortet er uns drei Fragen.

Wo kommst Du gedanklich her?

"Ich bin geboren in Versailles und in einem Pariser Vorort aufgewachsen. Meine Kindheit ist geprägt von der spezifischen Kultur und Umgebung der sogenannten Banlieues. Dies ermöglicht es mir, heute der Philosoph der Banlieues zu werden; darin folge ich Sokrates, Platon und Aristoteles, den Denker*innen der Stadt im weitesten Sinne. In meiner Arbeit TURFU (französischer Slang für das Wort "Zukunft") beschäftige ich mich mit diesem spezifischen Milieu und betrachte es im Zusammenhang mit politischen Aspekten bis hin zur Physik des Planeten. Das Quartier mit dem Lebendigen, aber auch mit Philosophie, Kunst und Politik zusammenzubringen – das ist das Ziel meines nächsten Buches."
 

Wofür möchtest Du das Fellowship nutzen?

"Das Stipendium ist eine großartige Gelegenheit, den TURFU-Ansatz sowohl national als auch international auf die nächste Stufe zu heben. Das TURFU-Projekt ist in 10 Missionen gegliedert, die alle als kollektive Entwicklung konzipiert sind, an der jede*r teilnehmen kann. Das Fellowship unterstützt mich in meinem Anspruch, dem Gemeinwohl zu dienen.

Die 10 Missionen sind:

Mission 1: TURFU KOLLEKTIV – Entwicklung eines Diskurs-Kollektivs für neue Erzählungen, die die TURFU-Idee tragen und verbreiten.

Mission 2: DYSTOPISCHES KINO – Für ein Kino, das restaurative Fiktionen vorschlägt und die Zukunft durch Poesie, Surrealismus, Mythologie und Traditionen erzählt.

Mission 3: LOW TECH UND METAVERSE – Entwicklung eines kreativen Metaversums im Dienste der territorialen Vorstellungskraft.

Mission 4: TURFU CHICHA CLUB – Die Chichas der Welt zu einem kulturellen Raum für Debatten, demokratische Diskussionen und Fantasie verwandeln.

Mission 5: SYMBIOTURFURISM – Territorien und Transformation: das Lebendige denken und praktizieren und eine innovative Kraft des  ökologischen Übergangs werden.

Mission 6: TURFU FABRIC UND SHOP – Herstellung handgefertigter TURFUR-Objekte.

Mission 7: AFRO-ARABIAN PLURIVERS – sich von den Künsten, der Ästhetik und den Mythologien aller Kontinente inspirieren lassen, um pluralistische und inklusive Futurismen zu schaffen.

Mission 8: DIE TURFU-SCHULE – Demokratisierung des Unterrichts in den Bereichen Zukunft, Design und Science Fiction.

Mission 9: KOLLABORATION UND PARTNERSCHAFTEN – Höllische Kollaborationen auf europäischer und internationaler Ebene schaffen.

Mission 10: INTELLEKT UND PHILOSOPHIE – Die erste griechisch-kabbalistische Philosophieschule entwickeln und alles Wissen denken. 

Ich werde mich auch darauf konzentrieren, ein neues Buch über die Transformation und die kulturelle Revolution der Banlieues zu schreiben, eine Kunstinstallation zu entwickeln und Workshops mit verschiedenen Künstler*innen zu gestalten, um das Weltbild der TURFU wahr werden zu lassen.

Es fällt uns Menschen schwer, sich eine wünschenswerte Zukunft vorzustellen, wenn sie nicht über die Mainstream-Kanäle vermittelt wird. Meine Mission ist es, diese möglichen Zukünfte zu demokratisieren und gleichzeitig Lösungen für die großen Herausforderungen unserer Menschheit zu entwickeln."

Was ist deine Vision?

"Ich spiele heute mehrere Rollen gleichzeitig. Ich muss mit Quartiers-Bewohner*innen reden, sie davon überzeugen, dass eine andere Zukunft möglich ist. Ich muss mit Politiker*innen sprechen, um meine Vision zu erklären und meine Unterstützung anzubieten. Ich muss schreiben, um neue Modelle zu erfinden. Ich muss mit Künstler*innen zusammenarbeiten, um meine Vision zu verwirklichen. Durch all dies muss ich das Ideal von TURFU auf verschiedensten Ebenen Wirklichkeit werden lassen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Banlieues vor allem ein wirtschaftliches, soziales und philosophisches System sind, das erschöpft, aber nicht tot ist. Morgen können sie kosmopolitische Orte sein. Sie werden großartige Menschen in ihrem eigenen Quartier aufblühen sehen und neue politische und ökologische Praktiken inspirieren. Die Vororte der Welt werden ein neues Existenzmodell finden, eine TURFU-Lebensweise, inspiriert von den verschiedensten Verhältnissen, verankert im ökologischen Wandel und dem Wohlergehen des Einzelnen und der Gesellschaft verpflichtet."

Makan Fofana über sein aktuelles Buch DU CHAOS NAÎT LA CRÉATION (From Chaos Creation is born), 2021

"Ursprünglich war die Banlieue du TURFU wie die Ozonschicht: ein Raum, vor allem in meinem Kopf, der es mir ermöglichte, über einen rosafarbenen Himmel nachzudenken und zu träumen, während ich meinen Blick vor kosmischen Strahlen schützte. Ich wollte neue Dimensionen der Existenz erforschen, auch wenn das bedeutete, dass ich meinen Glauben, meine Hautfarbe, meine Identität, meinen Anfang und mein Ende oder mein Viertel verlor ...

Die Menschheit träumte von der Freiheit, bevor sie sie eroberte, sie träumte vom Mond, bevor sie von seiner Oberfläche abprallte. Mit meinem ersten Buch DU CHAOS NAÎT LA CRÉATION (AUS CHAOS IST DIE SCHÖPFUNG GEBOREN) rufe ich zu einem kollektiven Traum auf, der die poetische Flamme neu entfacht, die durch pessimistische Erzählungen und andere Vorurteile über das Leben in den Vorstädten erstickt wird."

Makan Fofana, 2021

Makan Fofanas Buchcover

Makan Fofana: Banlieue du TURFU (Tana éditions, 2021).