Performing Exiles Festival: Berlin als Hauptstadt der Exilierten

Für exilierte Künstler*innen ist Berlin ein Ort, an den sie die Erfahrungen aus dem Land ihrer Herkunft transferieren können. Ihre Wirkräume und Bezugspunkte bewegen sich häufig zwischen Ländern und Kontinenten. Dieser Thematik widmet sich das Festival "Performing Exiles" und die Summer School for Dissident Friendship.

27. Juli 2023

A video still of lights which are long exposed and look like stripes of light

© Video Still Takbir, 2022; Courtesy Aziz Hazara Experimenter Kolkata

“Berlin ist nach fast 100 Jahren wieder zu einer Hauptstadt der Exilierten geworden. Viele davon sind Künstler*innen, die aufgrund politischer Unterdrückung, bedrohlicher Lebensumstände, Überwachung, Zensur oder fehlender Zukunftsaussichten unter zumeist schwierigen Bedingungen ihre Herkunftsländer verlassen haben. Ihre Erfahrungen, Perspektiven und Sehnsüchte treffen in der Metropole aufeinander und prägen das kulturelle Leben der Stadt.”
Matthias Lilienthal - künstlerische Leitung und Dramaturgie des Performing Exiles Festivals

Performing Exiles

Vom 15. bis 25. Juni 2023 veranstalten die Berliner Festspiele das interdisziplinäre Festival „Performing Exiles“. Es befragt den Begriff des Exils vor dem Hintergrund ständiger globaler Veränderungen und multipler Migrationsbewegungen.

Bereits das Programm des ersten Festivaltags mit gegenwärtigen Positionen zur aktuellen Lage im Libanon, Iran und in der Ukraine zeigt deutlich, dass sich Situationen und Gründe von Exil nicht einfach zusammenfassen und vergleichen lassen. „Performing Exiles“ möchte vielmehr Forum für in Berlin lebende Künstler*innen sein, Szenen und Perspektiven zusammenbringen und nimmt die Verantwortung von (Berliner) Kulturinstitutionen gegenüber exilierten Künstler*innen der Hauptstadt in den Blick.

Die Allianz Foundation fördert im Rahmen des Festivals die „School for Dissident Friendship“ - ein intensives dreiwöchiges Studienprogramm. Achtzehn Künstler*innen und Kulturschaffende aus Berlin und dem Libanon haben die Möglichkeit an Workshops, Seminaren, Mentoring-Sessions und Besuchen von Kulturinstitutionen teilzunehmen und ihre künstlerische Praxis im interdisziplinären Austausch weiterzuentwickeln.

Über die School for Dissident Friendship

Die Arbeit der „School for Dissident Friendship“ basiert auf Freundschaft, Zusammenarbeit und kollektiver Autorenschaft. Sie geht von diasporischen Bemühungen um Selbstbestimmung in der Geschichte Berlins aus und reflektiert, wie globale künstlerische Praktiken politische Verflechtungen und gegenseitige Abhängigkeiten über alle geographischen und zeitlichen Parameter hinweg artikulieren können.

Die Summer School wurde in Kooperation mit der gemeinnützigen Organisation Ashkal Alwan entworfen. Die gemeinnützige Organisation unternimmt angesichts einer beispiellosen Migrationswelle im Libanon und dem größeren arabischsprachigen Raum große Verantwortung - in einem Umfeld, das durch ökonomische Enteignung und kulturelle Isolation geprägt ist. Die Berliner Festspiele haben die Organisation daher eingeladen, gemeinsam die „School for Dissident Friendship“ zu kuratieren.

Ashkal Alwan wurde 1993 mit dem Ziel gegründet, zeitgenössische künstlerische Praxis zu unterstützen, Kunsterziehung neu zu denken, kritisches Nachdenken über gesellschaftliche Entwicklungen zu fördern und sich für die Mobilisierung der lokalen Communities einzusetzen. Ein Kollektiv von Künstler*innen, Autor*innen und Aktivist*innen hatte die Organisation zunächst als einen Ort geplant, an dem Kunst als Vehikel für bürgerschaftlichen Dialog verstanden wird. Ihr Vermittlungsprogramm Home Workspace Program, das derzeit seine 13. Auflage erlebt, ist weiterhin ein zentrales Instrument bei der Entwicklung alternativer künstlerischer Ausbildungsweisen.

Referent*innen der Summer School sind:

Marwa Arsanios, Künstlerin
Slavs and Tatars, Künstler*innen
Sinthujan Varatharajah, Geograph und Autor
Avery F. Gordon, Soziologin