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Outernational: Künstlerische Forschung und Zwischenraum

Konzerte, Listening Sessions und ein Magazin – all das ist Teil von Outernational. Wir haben Elisa Erkelenz, Kuratorin von Outernational, gebeten uns zu sagen, was es mit Musicking auf sich hat, was Outernational bedeutet und was uns im April erwartet.

A person is sitting on the right and is playing the clarinette and reading her notes. A small light is shining. In the background a video projection is running. It is a concert.

© Outernational & Arnaud Ele

Projektbeschreibung

Outernational

Wie klingt eine Kunstmusik, die sich in Exil und Diaspora ihren multiplen, hybriden Einflüssen stellt? Wie lösen wir hörend Vorstellungen vom Eigenen und Fremden auf? Wie spiegeln Konzertprogramme eine offene Gesellschaft in ihrer Vielstimmigkeit? „Outernational“ ist eine europäische Konzertreihe, die sich mit transtraditioneller Musik beschäftigt: Ob in einer Session zwischen Barock, persischer Klassik und elektronischer Komposition oder mit dem Trickster Orchestra, das Musiker*innen aus verschiedenen Traditionen zu einer neuen Klangsprache verbindet.

Den Konzerten voran geht eine umfassende künstlerische Recherche, die nicht nur Szenen und aktuelle, musikalische Entwicklungen aufspürt, sondern auch Fragen des „Musicking“, d.h. der Aufführungspraxis und Kontextualisierung, in den Blick nimmt. Ziel ist es, neue Räume für herausragende Künstler*innen fernab des Mainstreams zu öffnen. Sie werden von der Kuratorin Elisa Erkelenz im engen Dialog mit den Künstler*innen entwickelt.
Rund um jedes Konzert entsteht im VAN Magazin Outernational ein eigener, digitaler Schwerpunkt mit Hintergründen zu Musik, Instrumenten und den beteiligten Künstler*innen. Mehr über Outernational.

Was die sehr unterschiedlichen Konzerte für mich verbindet, ist das etwas Unerhörtes passiert.
Kuratorin Elisa Erkelenz über Outernational

Drei Fragen an - Drei Bilder von

Wir haben Elisa Erkelenz, Kuratorin von Outernational, gebeten uns drei Fragen zu beantworten und zu bebildern. Hier sind ihre Antworten.

 

Elisa, was bedeutet für dich Outernational und was macht eine Outernational-Veranstaltung für dich aus?

Outernational ist eine künstlerische Forschung, ein Zwischenraum für postmigrantische Kunst… in Konzerten, Listening Sessions und einem Magazin. Die Idee ist es, Räume zu öffnen für transtraditionelle Musik, für herausragende Musiker*innen und Denker*innen, die oftmals im klassischen Musiksystem keinen Platz finden, weil die Kategorien, die der Markt schafft, für sie nicht funktionieren, zum Beispiel die „Weltmusik“. Ich verbinde gerne Musiken verschiedener Jahrhunderte, so dass die Konzerte über dem »Abgrund der Geschichte« schweben, aber auf die ein oder andere Weise sind sie immer auch zeitgenössisch, dem Experimentellen verbunden. Was die sehr unterschiedlichen Konzerte für mich verbindet, ist das etwas Unerhörtes passiert. Das im weitesten Sinne auch damit zu tun hat, zusammen zu kommen.

A picture of a concert. Many people with classic music instruments are sittingon chairs in a dark hall and are focussing on maaking music.

© Outernational & Arnaud Ele

A music performance is happening. In every corner of a dark room a person is playing or dying. The room is dark and there are four projections on the walls. People are sitting in the middle in the dark.

Musicking © Outernational & Arnaud Ele

Gemeinsam arbeitet ihr, wie ihr es nennt, an Fragen des Musicking. Was möchtet ihr anders machen?

»Musicking« meint den sozialen Kontext rund um ein Konzert. Musiken sind traditionell an verschiedene auch sozialen Praxen geknüpft. Zusammen mit den involvierten Künstler*innen denke ich viel auch über Raumfragen nach, wir arbeiten aber auch immer mit diversen Vereinen und Communities zusammen, um ein heterogenes Publikum zu erreichen. Das ist Teil der Kunst und kein nachgelagerter Empfänger: die Konzerte und Gedanken entstehen im Raum.

Eure kommenden Konzerte in Dresden haben die Titel „EXT INC / REMEMBER ME“ und „Parasite Village“ Was beschäftigt euch?

Das »Parasite Village« ist Teil der Dresdener Tage für zeitgenössische Musik, zwei Projekte stehen dort im Zentrum: »EXT INC / REMEMBER ME« ist ein Konzert mit angedockter Listening Session, das sich dem Artensterben, aber auch der Hoffnung widmet. Das »Future Tradition Orchestra« ist ein neues Kollektiv, welches in Dresden-Hellerau erstmalig zusammenkommt: Musiker*innen des Trickster Orchestra Berlin, des Hezarfen Ensemble Istanbul und des Omnibus Ensemble Tashkent treffen auf internationale Komponist*innen. Wir arbeiten, leben und diskutieren zusammen in einer Residenz, dem Village, wie in einem Dorf – auch zu der Frage, wie für ein transtraditionelles Ensemble komponiert werden kann, welche Techniken und Methode des Zusammenkommens es gibt. Der Parasit als Titel bezieht sich dabei auf Michel Serres: „(…) dies ist die Bedeutung der Vorsilbe para in dem Wort Parasit: Er ist daneben, er ist bei, er ist abgesetzt von, er ist nicht auf der Sache, sondern auf der Beziehung. Er hat Beziehungen, wie man sagt, und macht ein System daraus.“ 

Am 28. und 29. April kann man beide Konzertproduktionen neben Listening Sessions, Installationen und Late Night Sets erleben.

A person is sitting on the right and is playing the clarinette and reading her notes. A small light is shining. In the background a video projection is running. It is a concert.

© Outernational & Arnaud Ele

Elisa Erkelenz is sitting leaned at a wall.

Elisa Erkelenz © Jann Willken

Mehr über Elisa Erkelenz

Elisa Erkelenz ist freie Kuratorin, Dramaturgin und Autorin. Sie hat das Projekt »Outernational« 2018 ins Leben gerufen, seither begleitet sie die Reihe als künstlerische Leitung. Mit dem Geiger David-Maria Gramse macht sie den Musik-Podcast »Des Pudels Kern«, der auf WDR 3 gesendet wird. Als freie Dramaturgin ist sie u.a. für die Donaueschingen Musiktage, die Elbphilharmonie oder das Ensemble Recherche tätig.

Veranstaltungen

Tickets für die Veranstaltungen können Sie hier erwerben.

28. April EXT INC / REMEMBER ME

19h Listening Session / 20h Konzert

Let's figure out
Ways to hope
Ways to love

Wir leben in einem der größten Artensterben der Geschichte. Doch nicht nur Arten, auch Klänge, Sprachen und Musik verschwinden. Das Projekt "EXT INC / REMEMBER ME" der transtraditionellen Konzertreihe "Outernational" spürt diesen Prozessen gemeinsam mit den Komponisten Aida Shirazi und Emre Dündar und zwei Uraufführungen nach. Emre Dündar hat eine "Fakelore" geschrieben, die sich verschiedenen folkloristischen Traditionen der türkisch-griechischen Region nähert. Die junge iranische Komponistin Aida Shirazi bezieht sich in ihrer Komposition auf Walt Whitmans "This Compost" - ein Text, der das Leben in der Akzeptanz des Todes beschwört. Mit Vivaldis "La Folia" - einem in der Musikgeschichte vielfach komponierten Motiv - schwebt der Abend über den Abgründen der Geschichte.

Eingeleitet wird der Abend durch eine "Outernational Listening Session", für die der Philosoph und Biologe Andreas Weber einen Essay zum Thema verfasst hat, der von Kirsten Reese in einem Klangraum zu hören sein wird. Weber selbst schreibt:

"Wenn Schmetterlinge die kristallisierte Form des inneren Gefühls sind, das die Welt erfüllt, dann verschwinden sie, wenn wir leugnen, dass dieses Gefühl existiert. Die Leugnung der Seele ist der tragischste Fehler der westlichen Zivilisation." Andreas Weber

CAST

Aida Shirazi, Composer, Electronics 
Emre Dündar, Composer, Midi Piano
Miguel Pérez Iñesta, Conductor

Andreas Arend, Theorbo
James Banner, Bass 
Szilárd Benes, Clarinet
Rebecca Beyer, Violin
David-Maria Gramse, Violin
Emil Kuyumcuyan, Percussion
Vladimir Waltham, Cello
Elisa Erkelenz, Curation & Dramaturgy

Musicians are sitting in a light room and are working together in a session. They are talking to each other and seem to be in a good mood.

EXT_INC © Outernational

A psychedelic x-ray picture of a moth or butterfly sitting on a plant

Outernational 2022 © Alexander Binder

29. April PARASITE VILLAGE / FUTURE TRADITION ORCHESTRA

19h Essay Performance »Parasite« Fiston Mwanza Mujila 
20h Konzert des Future Tradition Orchestra

»(…) dies ist die Bedeutung der Vorsilbe para in dem Wort Parasit: Er ist daneben, er ist bei, er ist abgesetzt von, er ist nicht auf der Sache, sondern auf der Beziehung. Er hat Beziehungen, wie man sagt, und macht ein System daraus.« Michael Serres, der Parasit.

Ein Gipfel transtraditioneller Musik: Musiker*innen des Trickster Orchestra Berlin, des Hezarfen Ensemble Istanbul und des Omnibus Ensemble aus Tashkent kommen im Rahmen einer Residenz in Hellerau erstmalig zusammen. Module internationaler Komponist*innen, die alle auch als Performer dabei sind, werden für das Kollektiv zu Improvisationsgrundlagen, zu einem Nährboden für neue Verbindungen. Als Organismus der radikalen Vielfalt verhandelt das »Future Tradition Orchestra« indigene und polytraditionelle Instrumentaltechniken und verschiedene Formen der Notation: vom Graphic Score zur »Mimesis«.

Eingeleitet wird der Abend von einer Essay Performance von Fiston Mwanza Mujila.

CAST

Bassem Alkhouri, Kanun
Matthew Bookert, Trombone
Keyvan Chemirani, Percussion / Tonbak, Saz Muhammed Muaz Ceyhan, Yaylı tambur Susanne Fröhlich, Flutes, Recorder
Naoko Kikuchi, Koto
Emil Kuyumcuyan, Percussion
Yannis Kyriakides, Electronics
Sofiya Levchenko, Violin
Neva Özgen Kösoğlu, Kemençe
Ulrich Mertin, Viola
Cham Saloum, Oud
Cymin Samawatie, Piano, Voice, Direction 
Ralf Schwarz, Double Bass
Ken Ueno, Voice
Ravshan Tukhtamishev, Chang
Milian Vogel, Sax 
Arnont Nongyao, Video
Iñigo Giner Miranda, concert staging / movements 
Fiston Mwanza Nasser, Words
With compositions by the collective and by: Ken Ueno, Piyawat Louilarpprasert, Ketan Bhatti, Cymin Samawatie, Yannis Kyriakides and Artyom Kim

Elisa Erkelenz, Curation & Dramaturgy